1938 – Das zweite Rennen… und der VW
Sieger auf Auto Union C-Typ : Hans Stuck (D) in 9:32,04 Minuten
Die 1938 und 1939 nach eine Pause von zwei Jahren folgenden Veranstaltungen bringen nun auch die großen Werksrennställe aus Deutschland an die Großglocknerstraße, doch wird immer wieder die Atmosphäre durch schlechte Wetterverhältnisse stark beeinträchtigt.
Bergkönig Hans Stuck auf Auto Union, Hermann Lang auf Mercedes-Benz und Manfred von Brauchitschd sind beim zweiten Rennen am 28. August 1938 mit den Automobilen dabei. Oftmals droht das Wetter neue Rekordzeiten zu verhindern.
Die Grossglockner Hochalpenstrasse ist mittlerweile in den Kehren noch einmal besser bestigt, teilweise schon mit Kopfsteinpflaster belegt, so daß der Sand und Schotter wie im ersten Rennen nicht mehr aufspritzen.
Übrigens will man 1938 zunächst das Rennen von Fusch bis auf die Franz-Josef-Höhe 2346 Meter Seehöhe fahren – 33,5 km: Von Fusch bis zum Fuscher Törl (12,6 km) als ersten Lauf, dann eine neutralisierte Strecke und als zweiter Lauf die Strecke von Guttal zur Franz-Josefs-Höhe (7,3 km). Aber wegen Schlechtwetters gibt es ungenügende Trainingsmöglichkeiten, und so entscheidet man sich, dass das Rennen in zwei Läufen nur von der heutigen Mautstelle Ferleiten bis zum Fuscher Törl (12,6 km) stattfinden soll.
Auf der durch die Ungunst der Verhältnisse verkürzten Strecke von Ferleiten bis zum Fuscher Törl sind 12 ½ km Länge, 1.280 m Steigung mit vielen Kehren, darunter allein 14 gefährliche Haarnadelkurven zweimal zu durchfahren. Besonders intensiv trainierte Lang auf seinem 5,4 Liter Mercedes.
Das Wetter ist schlecht, bessert sich dann erst im Verlauf des ersten Renntages ein wenig. Aber es hindert enthusiastische Zuschauer nicht daran, schon während des Trainings die Höhenstraße in ihrer ganzen Länge zu flankieren. Die Starterliste verheißt die Stars der damaligen Rennsport-Welt.
Sehen Sie hier – aus unserem Archiv – die Starterliste 1938.
Der Renntag kommt: 33 Männer stellen sich dieser harten Probe, auf Sportwagen in ihren verschiedenen Klassen, von 1.100. 1.500, 2.000 ccm und mehr. Vielerlei Marken sind hierbei vertreten: BMW, MG, Alfa Romeo. In der Gruppe der großen Rennwagen treten drei an: Lang, Brauchitsch und Hans Stuck… also Mercedes-Benz zwei Mal und einmal Auto Union.
Stuck auf seinem 6 Liter Auto Union beweist wiederum seine alten Fähigkeiten und drückt die Zeiten dicht unter die Zehnminutengrenze. Aber der sichere Lang und der kühne Brauchitsch arbeiten sich an ihn heran, so daß beim Beginn der Wettfahrten die Frage nach dem Sieger noch vollkommen offen ist. Es geht auch in der Entscheidung für Hans Stuck nicht gut an.
Im ersten Lauf ist der Unionmeister um 2 ½ Sekunden schneller als die Mercedesfahrer. Aber Stuck ist auch ein wenig verwöhnt. Im Training waren es immer 5-7-9 Sekunden gewesen, und jetzt, wo es darauf ankam, nur 2 ½ Sekunden!
Denn sein Wagen dreht sich beim ersten Lauf, und so werden kostbare Augenblicke verloren. 2 ½ Sekunden sind viel für ein Bergrennen, wenn man bedenkt, daß eine Fünftelsekunde entscheidet. Aber für den Ehrgeiz des Bergspezialisten reicht es nicht.
Den zweiten Lauf aber durchrast er ohne Hemmungen und braucht nur 9 Minuten und 32,4 Sekunden.
Hans Stucks Gesamtzeit für beide Läufe von 20 Minuten 15 Sekunden und einem Durchschnitt von 74,67 km/h entscheidet das Rennen.
Die Unterschiede sind aber außerordentlich gering. Lang braucht nur vier Sekunden und Brauchitsch nur 20 Sekunden länger als der Sieger. Alle drei Fahrer geben ihr Bestes.
Huschke von Hanstein auf BMW (mit zwei Litern Hubraum) wird als dritter der Klasse bis 2000 cm³ mit einem Schnitt von 65,77 km/h deutscher Sportwagen-Bergmeister.
Die Zeiten nach zwei Läufen beim Grossglockner Rennen 1938:
- Hans Stuck – Auto Union – 20:14,50 Minuten
- Hermann Lang – Mercedes – 20:18,70 Minuten
- Manfred von Brauchitsch – Mercedes – 20:41,40 Minuten
Die Heldensaga schreibt das zweite Kapitel.
Eine spannende Begebenheit kann vom 1938er Rennen noch berichtet werden: Die Grossglockner Strasse wird schon zu dieser frühen Zeit als Teststrecke für Automobile genutzt. Es ist beim Rennen 1938 als im Starterfeld zwei VW-Käfer-Prototypen (damals noch als KdF-Wagen entwickelt) nach Ferleiten kommen, um am Bergrennen teilzunehmen.
Die dunkelblauen Wagen sollen luftgekühlt auf 14 km getestet werden und ihre Rennqualitäten unter Beweis stellen. Am Steuer eines der Wagen: Dr. Ing. Ferdinand Porsche. Er bewältigt die Bergstrecke in einer Zeit von 21:54,40 Minuten mit einem Schnitt von 34 km/h. Die Familie Porsche und die Marken Porsche und VW werden der Region am Grossglockner und in Kärtnen noch lange verbunden bleiben.
Hermann Lang erinnert sich in seiner Biographie an sein erstes Rennen am Glockner:
„Im Regen fahren können und Bergstrecken meistern lernen, das waren zwei Aufgaben, die ich mir selber gestellt hatte. Die erstere hatte ich bereits begonnen, und zu der letzteren gab wieder einmal der Grosse Bergpreis die Gelegenheit. Eingedenk aller Forderungen, die ein solches Rennen stellt, begann ich zunächst, mir auf der für uns alle neuen Rennstrecke am Großglockner beste Streckenkenntnis zu erwerben. Schon viele Tage vor dem Training fuhr ich in unser Standquartier Zell am See, wo wir ausgezeichnet aufgehoben waren.
Mit meinem Personenwagen führ ich vom frühen Morgen bis späten Abend die Rennstrecke hinauf und herunter und versuchte, mir jede Kurve einzuhämmern. Man mußte ja ein Spezialist werden – Rennfahrer alleine zu sein – genügte nicht.
Daß neben dem Strassenrand gleich die Tiefe gähnte und jeder „Schlenkerer“ mit größten Gefahren verbunden war, daran durfte man nicht denken. Das Risiko bei diesem „Stechen“ auf Zeit war so groß, daß sich nicht alle Fahrer daran beteiligten, aber ohne Risiko gibt es keinen Sieg und ledigliches „Mitfahren“ war hier weder für den Fahrer noch für das Werk interessant.
Ich hatte jedoch nicht nur den Ehrgeiz, auch auf diesem Gebiet etwas zu zeigen, sondern vor allem auch Freude an dieser Art von Rennen. Diese Freude allein macht schon allerhand für den Erfolg aus!
Unser Werk war froh, in meiner Person wieder einen Fahrer zu besitzen, der dieses Spezialfach besonders liebte. Da mein Werk auf diesem Gebiet nicht zurückstehen wollte, dachte man garnicht daran, daß meine Person durch solche Rennen gefährdet sein könnte, denn man hatte vor allem das Vertrauen zu mir, daß ich keinen Unsinn machte.
Jahrelang war Hans Stuck der ungekrönte König der Berge gewesen, und diesem begann ich nun mit meinen Vorsätzen sein Feld streitig zu machen. Von Brauchitsch und ich waren von unserer Marke, Stuck und Müller von Auto Union am Start der Wagen der großen Klasse erschienen.
Nun, Sieger wurde ich noch nicht, aber mit vier Sekunden zweiter hinter Stuck. Langsam ging es vorwärts, ich war mir aber sicher, auch auf diesem Gebiet mein Ziel zu erreichen.“